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Warum musste Rosa sterben?

„… rate ich zur Euthanasie des Hundes“. Das waren die letzten Worte einer knapp anderthalb Seiten langen schriftlichen „Verhaltensbeurteilung“ des Hundetrainers Michael Grewe vom 18.4.2002 über die junge Pitbullhündin Rosa im Tierheim Lübeck. Und sie bedeuteten für das Tier letztlich den Tod. Der ehemalige Polizist Grewe ist seit etwa 1 1/2 Jahren für das Tierheim Lübeck als Berater und Ausbilder tätig. Offensichtlich in dieser Eigenschaft hat er über die Hündin Rosa diese „Verhaltensbeurteilung“ mit Empfehlung zur Tötung durchgeführt (siehe Kasten auf Seite 39).

Video zugespielt

Die renommierte Hamburger Tierärztin für Verhaltenstherapie, Dr. Barbara Schöning, hat ebenfalls eine – wenngleich sehr viel differenziertere – Verhaltensüberprüfung über Rosa erstellt, die allerdings – im Gegensatz zu der Grewes – keine Euthanasie empfohlen hat. Und zu diesem Gutachten wurde WUFF-Redakteurin Iris Strassmann, Leiterin der Deutschlandredaktion, ein 30-minütiges Video zugespielt. Als die Redakteurin dieses Video ansah, wusste sie bereits vom Tod Rosas. Und mit dem Video, in dem ein Hund zu sehen ist, von dem man sich (auch später mehrere Gutachter) einfach nicht vorstellen kann, dass er euthanasiert worden ist, begannen die Recherchen …

Warum nur?

Iris Strassmann: „Rosa! Wenn ich den Namen höre oder lese, steigen mir immer wieder die Tränen in die Augen, Tränen der Empörung und der hilflosen Wut! Warum nur hat niemand helfen können, sie vor der Euthanasie zu bewahren, die nicht nur in meinen Augen willkürlich und unnötig war: Rosa hatte keine Chance, trotz der Bemühungen ihrer Freunde, denn irgend jemand muss gewollt haben, dass sie starb. Aber wer? Und warum? Ich habe Rosa nicht persönlich kennen lernen dürfen, aber ich habe sie in dem Video gesehen, wie sie ihre Lieblings-Pflegerin freudig begrüßte, und ich habe Freunde von ihr erzählen hören, die sie kannten und sie liebten, obwohl sie „nur“ eine Tierheimhündin war und noch dazu ein „Kampfi“, eine Pitbull-Mix-Hündin.“

„Fundtier“ Rosas kurzes Tierheimleben

Rosa kam im Alter von ca. 3 Jahren als Fundtier am 6.2.2002 in das Tierheim Lübeck, wo sich u. a. die „Pitti-Freunde“ ihrer annahmen. Diese Gruppe engagierter Hundefreunde hatte sich zusammen gefunden, um sich besonders um die so genannten „Kampfhunde“ im Tierheim zu kümmern (Siehe auch Artikel „Besseres Leben als in der Halle?“ in WUFF 9/2002, S.17). Ihren Aussagen nach erlebten sie Rosa als völlig normalen und freundlichen Hund, wenn auch manchmal etwas ängstlich, vor allem bei großen Männern. Daher konnten sie es kaum begreifen, als sie erfuhren, dass Rosa am 15.3. den Tierpfleger B. und am selben und am nächsten Tag den Pfleger R. laut deren eigener Aussage „angegriffen“ hätte. Zeugen für diese Angriffe hat es keine gegeben, und auch eine Verletzung eines der Pfleger wurde nicht bekannt. Rosa hingegen wurde von einem der Pfleger mit der Schaufel, als er die Hündin nach eigenen Aussagen abwehren wollte, eine Verletzung unter einem Auge zugefügt.

Überprüfung von außerhalb des Zwingers

Böses ahnend, wandten sich die „Pitti-Freunde“ am 19.3. in einem Schreiben an den Vorstand des Tierschutzvereins und forderten für Rosa „eine faire und vor allem sachkundige Wesensüberprüfung“ durch Fachleute. Der Tierschutzverein beauftragte jedoch den „hauseigenen“ Hundetrainer Grewe damit, Rosas Verhalten zu beurteilen. Und so nahm Herr Grewe die Hündin „in Augenschein“, die sich während der gesamten Dauer des kurzen Tests (Zeugen sprechen von rund 10 Minuten) in ihrem Zwinger befand, indem er sie zusammen mit den beiden „angefallenen“ Pflegern von außerhalb des Zwingers konfrontierte. Dass das Urteil danach vernichtend ausfallen musste, war zu erwarten und offensichtlich auch von den „Pitti-Freunden“ befürchtet worden (s. Kasten auf unten). Und so war´s dann auch: Grewe empfahl die Tötung der Hündin.

Rosa litt unter Zwingerhusten

Der Vorstand des Tierheims gab schließlich dem Drängen der „Pitti-Freunde“ nach und bestellte bei der Hamburger Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz, Dr. Barbara Schöning, ein Fachgutachten zur Vermittelbarkeit von Rosa. Die intensive Beurteilung fand am 16.5.2002 auf dem Gelände des Tierheims statt und ist ausführlich dokumentiert, auch mit dem bereits erwähnten Video. Festzuhalten ist hier, dass Rosa zur Zeit des Testes unter Zwingerhusten litt und unter Medikamenteneinfluss stand, was im Gutachten auch korrekt vermerkt ist. Das Gutachten der Expertin, das keinen „Wesenstest“ darstellt, sondern definitiv nur eine Beurteilung ist, ob Rosa vermittelbar ist oder nicht, kam zum Schluss, dass derzeit nicht empfohlen werden könnte, Rosa zu vermitteln.

Da eine Vermittlung der Hündin zum Zeitpunkt des Testes und der Erkrankung also nicht empfohlen werden konnte, hätte nun eine Therapie erfolgen müssen. Denn eine Euthanasie wurde jedenfalls definitiv nicht empfohlen, wie Dr. Schöning auch WUFF gegenüber betonte. Weiters hat die Verhaltenstierärztin bestätigt, dass für Rosa unter anderen Bedingungen durchaus eine Verhaltensänderung zu erreichen möglich gewesen wäre!

Tierheim-Vorstand gibt zu: Rosa anfangs unauffällig

Das Tierheim gibt WUFF gegenüber zu, dass Rosa im Tierheim „ein anfangs unauffälliges Verhalten“ aufgewiesen habe! Dieses habe sich dann „unerwartet extrem und ohne erkennbaren Grund und gegenüber verschiedenen Personen“ geändert. Wenn also Rosa zunächst völlig unauffällig gewesen war und im Tierheim Lübeck erst nach einiger Zeit verhaltensauffällig wurde, könnte man eine mögliche organische Erkrankung annehmen (und behandeln) oder einen Vorfall, der Rosa erst im Tierheim aggressiv gemacht hat. Die zweite Möglichkeit erscheint wahrscheinlicher, da sich die offenbar erst im Tierheim entstandene Aggressivität nur wenigen bestimmten Personen gegenüber geäußert hat. Wie auch immer, beide Möglichkeiten jedenfalls würden eine Therapie erforderlich machen, die man der Hündin aber erwiesenermaßen vorenthielt.

Der „geheime“ Besitzer von Rosa

Als möglichen Grund für das geänderte Verhalten von Rosa gibt der Tierheim-Vorstand WUFF gegenüber an, dass die Hündin „auf Menschen abgerichtet“ gewesen sei und auch an Hundekämpfen teilgenommen haben soll. Dem ist entgegen zu halten: Eine Abrichtung sowohl gegenüber Hunden wie Menschen ist selbst in der ärgsten kriminellen Hundekampfszene unüblich, und zudem wies Rosa keine Narben auf, wie sie für Hunde, die an Hundekämpfen teilnehmen müssen, üblich ist. Die Anfrage von WUFF an das Tierheim Lübeck, den Namen des früheren Besitzers von Rosa zu nennen, um dort weiter recherchieren zu können, blieb bis Redaktionsschluss ohne Antwort, sodass – zumindest bis uns nähere Informationen vorliegen – dies als Schutzbehauptung gewertet werden kann.

Therapieangebote für Rosa nicht angenommen

Das Schreiben des Tierheim-Vorstandes an WUFF endet mit dem Satz „Tierschutz ist Menschenschutz“. Wer wollte dieser Aussage nicht zustimmen? Nur beantwortet sie nicht die Frage, warum Rosa getötet werden musste! Denn Rosas zweibeinige Freunde hatten sich um Therapiemöglichkeiten bemüht und konnten tatsächlich zwei konkrete und gute Plätze nachweisen: Tierheim Roggendorf, das anbot, Rosa auf Dauer zu übernehmen, und der Verein „Ein Herz für Hunde“. Beide Angebote wurden vom Vorstand des Tierheims Lübeck nicht angenommen, ja, man hat gegenüber diesen beiden Stellen nicht einmal reagiert. WUFF gegenüber wurde seitens des Tierheimes folgender Grund angegeben: „Experimente ohne wissenschaftliche Grundlagen und ohne klare Konzepte lagen nicht im Interesse Rosas“. Man verwehrte Rosa Chancen, die es nachweislich gab, und entschuldigt dies damit, dass es nicht im Interesse Rosas gelegen hätte. Unglaublich, aber wahr! Denn die Alternative bestand ja in der von Hundetrainer Grewe empfohlenen Tötung von Rosa.

Keine Chance für Rosa

Am 10.6.2002 wurde die Hündin Rosa dann auf Anordnung der Amtstierärztin Frau Dr. Oloffs eingeschläfert. In einem Telefongespräch wies WUFF-Redakteurin Iris Strassmann die Amtstierärztin darauf hin, dass laut Tierheimordnung des Deutschen Tierschutzbundes (DTB) vor der Einschläferung zunächst Therapieversuche gemacht werden müssten. Dazu meinte Dr. Oloffs, sie habe mit der Tierheimordnung nichts zu tun. Sie müsse bei einem gefährlichen Hund eben die Einschläferung anordnen, wobei sie auch die besondere „Beißkraft“ solcher Hunde erwähnte. Das Dilemma: Der Deutsche Tierschutzbund gibt eine Tierheimordnung heraus, die eine Einschläferung ohne Therapieversuche nicht zulässt, aber der Amtstierarzt muss sich nicht daran halten. Hat also der Vorstand des Tierheims Lübeck die Tierheimordnung des DTB missachtet? Wie reagiert der DTB darauf?

Hätte nun Amtstierärztin Dr. Oloffs die Euthanasie angeordnet, wenn sie von Therapieangeboten für Rosa gewusst hätte? Offensichtlich nein. Denn auf diese Frage von WUFF-Herausgeber Dr. Mosser antwortete Dr. Oloffs: „Entsprechende Therapieangebote würden überprüft und berücksichtigt werden.“ Warum also hat der Vorstand des Tierheimes Lübeck dann die beiden Therapieangebote vom Tierheim Roggendorf und dem Verein „Ein Herz für Hunde“ nicht an die Amtstierärztin weitergeleitet? Warum nicht?

Der Skandal

Rosa ist tot. Warum hat sie wirklich sterben müssen? Zahlreiche Gutachter und Experten, denen wir das 30-Minuten-Video vorspielten und mit denen wir darüber diskutierten, waren „entsetzt und empört“. Wir hörten Aussagen wie „Unglaublich, ein Skandal, Rosa hätte nicht getötet werden dürfen“ oder „Das gehört öffentlich gemacht!“ Einige der Gutachter und Hundeexperten waren auch zu einer Veröffentlichung Ihrer Meinung mit Ihrem Namen bereit (siehe Kästen).

Fragen über Fragen

Warum musste Rosa sterben, wenn

1. die Fachtierärztin für Verhaltenstherapie, zugleich Chefin der Hamburger Tierärztekammer, Dr. Schöning, deren differenzierte Untersuchung Rosas auf dem Video dokumentiert ist, eine Euthanasie Rosas nicht empfohlen hat,

2. so viele Fachleute bei einer „Nachbegutachtung“ nicht den geringsten Grund für eine Tötung Rosas auf dem Video erkennen, und schließlich

3.zwei konkrete Therapie- bzw. Übernahmeangebote für Rosa auf dem Tisch lagen?

Warum nur, warum also musste Rosa sterben?

>>> WUFF – INFORMATION

… empfehle ich die Euthanasie: Auszug aus der „Verhaltensbeurteilung“ von Rosa

Die Verhaltensbeurteilung Rosas durch Hundetrainer Grewe umfasst etwas mehr als 1 Seite. 6 Zeilen darin beziehen sich auf die „In Augenscheinnahme“ der Hündin. Der Rest des Textes verweist auf die beiden berichteten Vorfälle mit den Tierpflegern, gibt Informationen derselben über Rosa wieder und diskutiert schließlich Rosas Zukunft. Herr Grewe überprüfte die Hündin von außerhalb des Zwingers, Rosa selbst befand sich im Zwinger.

„… Nach Durchsicht der Berichte (Anlage) am 04.04.02, nahm ich die Hündin in Augenschein. Im Tierheimzwinger verhielt sich die Hündin mir und den o.g. Tierpflegern gegenüber aggressiv. Sie stürzte sich an die Gitter und bedrohte mich mit direktem Blickkontakt durch aggressives Bellen und einem Beißversuch nach meiner Hand, die ich an die Gitterstäbe hielt. Nach einem Standhalten der Bedrohung wurde die Hündin extrem unsicher, begab sich in ihre Hütte, um aus der Öffnung heraus weiter zu drohen …“

„Rosa ist als nicht zu vermittelnder Hund einzustufen. Begünstigend für Rosas Verhalten kann zur ihrer Vorgeschichte dazu kommen, dass die Haltungsbedingungen eines Tierheimes, ohne konstante soziale Bezüge, Frustrationen erzeugen. In Anbetracht kritischer therapeutischer Erfolge im Zusammenhang mit der möglichen Gefahr für Leib und Leben von Menschen und um ein nicht veränderbares Leiden der Hündin in Isolation zu beenden, rate ich zur Euthanasie des Hundes.

Michael Grewe, Hundetrainer und Verhaltensberater“.

>>> WUFF – HINTERGRUND

Tierschutzexperte: Unfassbar, dass man Rosa eingeschläfert hat

Nach eingehender Betrachtung des Videos und Lektüre des dazu gehörenden Gutachtens der Frau Dr. Schöning und der anderen Unterlagen (u.a. der Aussagen der Pfleger) kam Willy Sandvoss, Leiter des Tierheimes Flensburg und Tierschutzinspektor und -referent im Landesterschutzverband Schleswig-Holstein zu folgendem Schluss:

Unfassbar!

„Es ist für mich unfassbar, dass man diesen Hund eingeschläfert hat, zumal sogar 2 vernünftige Therapie-Angebote vorgelegen haben. Über die „Verhaltensbeurteilung“ durch Herrn Grewe, bei der sich Rosa in ihrem Zwinger befand und nur von außen beurteilt wurde, indem sie mit den beiden „angegriffenen“ Pflegern konfrontiert wurde, braucht man gar nicht zu diskutieren, denn so kann man nie ein objektives Bild von der Gefährlichkeit eines Hundes erhalten. Auch fehlen mir in dem ganzen Vorgang Angaben darüber, wie sich die beiden „angegriffenen“ Pfleger vorher Rosa gegenüber verhalten haben, da der Hund bei seiner Einlieferung ja unauffällig war und erst später sein Verhalten offensichtlich nur diesen beiden Pflegern gegenüber änderte. … Es ist sehr traurig, dass dieser Hund nun tot ist, zumal er nachweislich im Umgang mit mehreren Personen umgänglich und freundlich war, beste Voraussetzungen also für eine erfolgreiche Therapie, die von der Tierheimordnung vor einer Euthanasie vorgeschrieben wird.“

>>> WUFF – HINTERGRUND

Hundefachmann: Todesurteil nicht zu vertreten!

Hundefachmann Achim Janßen (Hundeschule Janßen) zu Rosas Euthanasie:

„Meiner Meinung nach war es grundsätzlich falsch, das Verhalten von Rosa im Tierheim bzw. im Zwinger zu beurteilen. Die weitestgehend soziale Isolation, sowie fehlende geistige und körperliche Auslastung versetzen das Soziallebewesen „Hund“ unter akuten Stress. Dauerhafter Stress wiederum führt zu einer Senkung der Reizschwelle und somit erhöhter Aggressionsbereitschaft. Eine objektive Beurteilung des Verhaltens von Rosa war somit nicht möglich und ein Todesurteil nicht zu vertreten.“

>>> WUFF – GUTACHTEN

Gutachten des öffentlich vereidigten Hundegutachters Michael Abelski im Auftrag von WUFF


Gutachterliche Kurz-Stellungnahme

zur Frage der Wesenseigenschaft einer als „gesteigert aggressiv“ eingestuften und zur Euthanasie freigegebenen Pitbull Mischlingshündin „Rosa“, erstattet im Auftrag des Hundemagazins WUFF.

I. Sachverhalt :

Ein Redakteur des Hunde Magazins „WUFF“ führte dem Gutachtenersteller am 31.08.2002 eine ca. 30 Minuten lange Videokassette vor, die eine Pitbull Mischlings-Hündin mit dem Namen „Rosa“ zeigte. Die Wuff-Redaktion benötigt hierzu eine sachkundige Kurz-Beurteilung in Bezug auf eine ersichtliche, gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit der Hündin „Rosa“ gegenüber Menschen. Laut Datumseinspielung fand die Überprüfung der Hündin „Rosa“ am 16.05.2002 in einem Tierheim statt. Die Überprüfung erfolgte innerhalb und außerhalb der Zwingeranlage.

II. Tatsachenfeststellung und Stellungnahme :

… Bei der Überprüfung auf dem Video konnte man wiederholt feststellen, dass die Hündin bei Reizung des Halsbereiches (Halsband und Leine) immer wieder stark hustete. Es besteht der Verdacht, dass die Hündin mit einem Zwingerhusten infiziert war. Verschiedene Personen bauten sowohl durch die Zwingerstäbe als auch innerhalb sowie außerhalb der Zwingeranlage mit der Hündin Kontakt auf. Diese zeigte sich – mit einer Ausnahme – stets freundlich, interessiert und offen. Auch das mit einer Dame gezeigte Beutespiel (Stöckchen ziehen und wieder ablassen) wurde von der Hündin ohne deutliche Triebsteigerung ausgeführt. Es kontaktierten Personen mit unterschiedlicher Kleidung und verschiedenen Geschlechts und Alters auf unterschiedliche Weise die Hündin. Mehrere männliche Helfer (davon einer mit Latzhose bekleidet) wurden beim vorüber Gehen von der Hündin kaum beachtet bzw. beim Näherkommen freundlich begrüßt. Als ein dunkelhaariger weiterer Tierpfleger mit Latzhose auf die Hündin, die sich im Zwinger befand, zuging und diese fixierte, reagierte „Rosa“ mit deutlicher Triebsteigerung sowie aggressivem Verhalten. Dieselbe und nur auf diese Person bezogene Reaktion erfolgte auch außerhalb des Zwingers bei angeleintem Hund und mit angelegtem Beißkorb. Die Hündin versuchte den dunkelhaarigen Tierpfleger abermals mit deutlicher Abwehrhaltung und Wehrverhalten zu attackieren.

FAZIT:

Dieses explizit auf den o.g. Pfleger bezogene Verhalten wird gutachterlicherseits eventuell einer negativen Verknüpfung der Hündin mit dieser Person zugeordnet. Die Hündin zeigte ein deutlich negatives Wehrverhalten gegenüber diesem Pfleger. Eine sonstige gesteigerte Aggressivität gegenüber den auf dem Video involvierten restlichen Personen konnte gutachterlicherseits nicht festgestellt werden.

Michael Abelski,

öffentlich vereidigter Sachverständiger für Hunde

>>> VOR ORT IN LÜBECK

Es muss einfach gesagt werden

von Marianne Jung, Lübeck

Das, was mit Rosa passierte, ist für mich noch heute völlig unverständlich … Sie war eines von vielen Opfern der vor zwei Jahren allzu hastig ins Leben gerufenen Hundeverordnung, nach der gewissen Rassen pauschal und ohne Einschränkung jedes Recht auf ein artgerechtes, familienbezogenes Leben abgesprochen wurde. Als „Killermonster“ in der Öffentlichkeit verfemt, wurden viele von ihnen aus Angst vor Repressalien versteckt, sogar erschlagen oder schlicht ausgesetzt und damit einem ungewissen Schicksal überlassen. Mit Glück landeten einige in Tierheimen. So auch Rosa – ein sogenannter Fundhund. Als ich sie kurz danach kennenlernte, war sie – trotz der Unterbringung in der letzten Zwingerreihe ohne Sichtkontakt zu anderen Hunden – ein freundliches, schnell anhängliches, aber auch etwas ängstliches Wesen, das mit dieser neuen Situation ziemlich überfordert schien. Mit der Zeit, als ich mit anderen zusammen versuchte, ihr regelmäßige Bewegung, Zuwendung und Abwechslung durch Spaziergänge und Ballspiele, die sie liebte, zu verschaffen, erwies sie sich als gelehrige, aufmerksame junge Hündin, die sich durchaus zu benehmen wusste: Sie gehorchte aufs Wort und setzte sich brav hin, wenn es zur Belohnung ein Leckerli gab. An Artgenossen zeigte sie wenig Interesse. Warum sie eines Tages einen Pfleger anknurrte, der sich daraufhin nur mit einer Schaufel aus der – wie er sagte – „bedrohlichen Situation“ retten konnte, bleibt ein Rätsel. Doch damit war ihr weiteres Schicksal so gut wie besiegelt. „Gefährlich“ und „nicht vermittelbar“ entschied man ohne weitere Therapie und erteilte ihr strengsten „Hausarrest“ bis zur schon zu diesem Zeitpunkt geplanten Euthanasie. Unfassbar für alle, die sie besser zu kennen glaubten und die nun eiligst Ausschau nach einer Alternative hielten. Als sie schließlich eine geeignete fanden, wurde sie unverständlicherweise ignoriert und Rosa ohne weitere Erklärung „entsorgt“. Wer hier wogegen verstoßen und damit einem keineswegs „hoffnungslosen Fall“ das Leben genommen hat, wird möglicherweise noch an anderer Stelle zu prüfen sein. Fest steht: Rosa hatte keine Chance auf ein weiteres Leben. Dass andere in ähnliche Situationen geratene Hunde sie haben werden, dafür kämpfen wir!