Mit gemischten Gefühlen blicken wir auf unseren diesjährigen Urlaub auf der griechischen Insel Zakynthos zurück. Einerseits Erholung, Strand, Sonne, Meer, die Seele baumeln lassen, einfach abschalten und den Alltag vergessen. Auf den zweiten Blick verstecktes Tierleid, zahlreiche Hunde, ständig auf der Suche nach Menschen, die sie füttern und sich ein wenig um sie kümmern.
Einzige Lösung Geburtenstopp
Rasch wurde uns bewusst, dass – wie in vielen südlichen Ländern – auch auf Zakynthos das große Problem der herrenlosen Streunerhunde existiert. Da sich niemand um sie kümmert, vermehren sie sich ungehemmt. Werden sie wieder einmal zu viele, lästig oder unbrauchbar, kommt es zu „Entsorgungen", sie werden erschossen, erschlagen oder vergiftet. Natürlich, es gibt nicht nur einen Schuldigen, das ist klar, doch Tierschutz ist durch EU-Gesetze geregelt, an die sich Griechenland aber leider nicht immer hält. Die Streunerhunde werden nämlich vielmehr als soziales Problem angesehen. Es wird noch viel Aufklärungsarbeit notwendig sein, um eine Bewusstseinsänderung im Umgang mit Tieren herbeizuführen. Geburtenstopp ist und bleibt die einzige Lösung, Tötungen bringen nichts!
Bald stellten wir uns daher die Frage, ob wir in einem Land Urlaub machen sollten, in dem so rückständige und zweifelhafte Umstände herrschen. Es ist erschreckend, dass in so vielen Ländern der Erde die eigentlichen Freunde des Menschen – die Hunde – gejagt, geschunden, gequält und getötet werden. Ich liebe Tiere, besonders Hunde. Jedes Tier hat das Recht auf Wertschätzung und auf ein würdevolles Leben. Niemals werde ich verstehen, wie manche Menschen zu solchen Gräueltaten fähig sind, wie sie mit anderen Lebewesen umgehen. Wäre es in ers-ter Linie doch gerade die Aufgabe des Menschen, sich um diese hilflosen und unschuldigen Geschöpfe zu kümmern und diese erbärmlichen Zustände „umzugestalten".
Ignoranz der Urlauber
Uns fiel auf, dass zahlreiche Urlauber einfach an den Hunden vorbeigingen, was für mich als Tierfreund Verwunderung auslöste und total unverständlich war. Während wir uns jedes Mal freuten, wenn uns ein Streuner über den Weg lief, löste die Begegnung bei dem einen oder anderen sichtlich Unbehagen und Angst aus. Ein kurzes „Pfui!", „Nein", „Weg!", ein angewiderter Blick als Reaktion, mehr nicht. Andere wiederum, sehr viele sogar, sahen, wie so oft im Leben, einfach gar nicht hin, Ignorieren als bestes Mittel zur Lösung!
Freunde am Strand
Wir haben ihn auf jeden Fall nicht ignoriert, und all die anderen auch nicht! Gleich am ersten Tag lief er uns am Strand entgegen. Ein mittelgroßer, braun-weiß gefleckter, etwas struppiger Hund mit Schlappohren und der einzige mit Stummelschwänzchen, wie sich später herausstellte. Kurzerhand nannten wir ihn Louis. Viele andere, ganz besonders liebenswerte Tiere kamen noch dazu. Gleich am selben Abend lernten wir Whisky kennen, einen schönen Junghund, dann kamen White Beach, Collie, ein Husky-Colliemischling, Snoopy, ein kleiner brauner Terrier, Flocke, Red – sah aus wie ein zu groß geratener Rottweiler, Black Beach, Hund und die etwas ältere Oma, eine Maltesermischlingshündin, hinzu. Nie ging einer von ihnen leer aus.
Vierbeiniger Besuch
Louis, der uns mehrmals in unserem Bungalow besuchte, mal alleine, mal in Begleitung, genoss es sichtlich, etwas verwöhnt zu werden, er schlief dann ruhig auf unserer Terrasse ein. Er wirkte zufrieden und fühlte sich in unserer Nähe sichtlich wohl. Ich strich langsam über seinen Rücken. Louis war ziemlich abgemagert, jeder einzelne Knochen, jede Rippe war zu spüren. Ich merkte, dass sein Herz schnell klopfte und erst langsam zur Ruhe kam.
Wir mochten alle Hunde, doch Louis hatten wir am meisten ins Herz geschlossen. Er war ja auch derjenige, der uns am häufigsten über den Weg lief. Schwanzwedelnd wurden wir schon in der Früh begrüßt, und er wich uns dann für einige Zeit nicht mehr von der Seite. Erst in der glühenden Mittagshitze verabschiedete er sich, um am Abend ausgeruht wieder seine Kreise zu ziehen. Er war schon etwas Besonderes. Ich überlegte, ihn mitzunehmen, und ich hätte ihm liebend gerne ein schönes, ruhiges Zuhause gegeben. Leider ist das aber nicht so leicht. Wahrscheinlich wäre er in unserer Wohnung ohnehin nicht glücklich geworden – ist er doch endlose Weiten gewohnt. Trotzdem stelle ich mir jeden Tag die Frage, warum ich diesen wunderbaren Hund nicht doch mitgenommen habe, wie konnten wir so einfach ohne ihn nach Hause fliegen? Ich weiß es nicht.
Hunde sind Freunde
Ich muss mich oft selber trösten. Die Hunde hatten es in dem Hotel (Louis Zante Beach) einigermaßen gut erwischt. Wir waren überrascht, denn nicht ein einziges Mal konnten wir beobachten, dass einer der Hunde weggejagt oder vertrieben wurde.
Ich glaube, sie werden vom Hotelpersonal im Großen und Ganzen gut behandelt und ein wenig mit Essensresten gefüttert. So halten sich viele von ihnen in den Sommermonaten durch Betteln über Wasser. Aber was passiert, wenn die Urlaubssaison zu Ende ist, was machen die Hunde dann? Dann fängt der Überlebenskampf erst richtig an, und viele werden ihn verlieren. Sie sterben meist an Entkräftung oder an Krankheiten. Oft frage ich mich, warum die Tiere ein so erbärmliches Leben fristen müssen, sie verdienen doch mehr als das!
Mir ist eines bewusst, wir konnten auch nichts verändern, aber wir sind den Hunden mit dem Respekt und mit der Freude begegnet, die sie uns entgegengebracht und verdient haben. Wir sind glücklich, dass wir Louis und seine Freunde kennen lernen durften. Es war eine schöne Zeit und eine Bereicherung für unseren Urlaub.
Es bleibt auch Traurigkeit
Dennoch bleiben mir viele traurige Bilder in Erinnerung. Jeden Tag denke ich an unseren Louis und an all’ die anderen Streuner. Selten habe ich so freundliche und anhängliche Tiere gesehen. Ich weiß nicht, wie es ihm geht, ich weiß nicht, was er gerade macht, ich hoffe aber, dass es ihm und den anderen gut geht.
Dieses Gefühl der Hilflosigkeit und Ohnmacht wird mich lange Zeit begleiten. Das „Problem Streunerhunde" wird man nie wirklich in den Griff bekommen. Man kann das Leid nur etwas lindern. Für uns war vom ersten Augenblick an klar, dass wir uns um die Hunde kümmern müssen, so gut es geht. Und ich bin froh, dass wir – zumindest eine Woche lang – den einen oder anderen Leckerbissen und frisches Wasser bereit hatten. Langfristig gesehen genügt aber das alleine auch nicht. Ich hätte es gerne besser gemacht!
„Der Hund ist das einzige Wesen auf Erden, das Dich mehr liebt als sich selbst." (Josh Billings)