Vorurteile gegenüber Tierheimhunden werden am hartnäckigsten von Jenen verfochten, die noch nie mit einem solchen Hund Tisch (und Bett?) teilen durften. Und diesen zum Trotz werden sie ihrem negativen Image so gar nicht gerecht. Nur einen Fehler haben die meisten doch. Einen Fehler, für den Hund allerdings gar nichts kann: nämlich einen dummen Vorbesitzer. Oder einen ganz schön verantwortungslosen. Und damit sind wir schon bei den Ursachen, warum ein unschuldiger Vierbeiner denn plötzlich hinter Gittern landet.
Warum im Tierheim?
An erster Stelle stehen in unseliger Vereintheit Ahnungslosigkeit und Planlosigkeit. Der unüberlegte Kauf stammt häufig aus Zoohandlungen, Zufallswürfen und Massenzuchten. Quellen also, wo es darum geht, möglichst schnell Hunde umzusetzen bzw. loszuwerden. Beispiel Tierschutzheim Krems: Mit konstanter Regelmäßigkeit landen Hunde aus der Tierhandlung Sänger (Tier & Wir) bereits nach wenigen Wochen im örtlichen Tierheim. Das Traurigste daran: Die Abgeber waren allesamt völlig ungeeignet für eine Tierhaltung, beim Kauf im Zoogeschäft war das aber kein Problem.
Abgeschoben werden Hunde meist wegen unerwünschten Verhaltens wie Zerstörungswut, Anknurren oder Zwicken der Kinder, Beißen anderer Tiere, starker Lebhaftigkeit, Ungezogenheit, Rangordnungsproblemen usw. Dass hinter all dem das Unvermögen eines unfähigen Besitzers steckt, ist diesem meist nicht verständlich zu machen. Jemand, der sein Tier loswerden möchte, sucht die Schuld nie bei sich.
Auf der Strecke bleibt der Hund
Ebenso häufig werden Umzüge, Berufswechsel, Scheidung und Trennung als Abgabegrund genannt. Wer bei so viel Planlosigkeit auf der Strecke bleibt, ist der Hund. Hinweise auf Tiersitter und andere Alternativen interessieren nicht mehr, wenn der Entschluss fest steht, dass im neuen Leben für alte Gefährten kein Platz mehr ist.
Immer häufiger führen auch angebliche Allergien von Familienmitgliedern den Hund ins Tierheim. Viel zu einfach machen es sich da oft Ärzte, die bei allergischen Reaktionen erst gar keine anderen Ursachen mehr in Erwägung ziehen, wenn ein Tier im Haus wohnt. Und so verliert Bello manchmal ganz zu Unrecht sein Zuhause. Und nicht selten dient sie leider auch als Ausrede, die plötzliche Allergie. Dann, wenn einer, der seinen Hund loswerden will, trotzdem noch gut dastehen möchte, als bedauernswertes Opfer nämlich. Nur ganz selten sind es wirkliche Notfälle und Schicksalsschläge, wie schwere Erkrankungen, Unfall oder Tod, die ein Tier obdachlos machen. Sie spielen in der Statistik mit unter 10 Prozent kaum eine Rolle.
Im Tierheim gelandet
Erst einmal im Tierheim, werden Bello und Co. untersucht, geimpft und entwurmt. In sehr gut geführten Heimen werden erwachsene Tiere kastriert, um einer weiteren Vermehrung gleich vorzubeugen. Die meisten Heime leben fast ausschließlich von freiwilligen Spenden und müssen sich selbst erhalten. Deshalb werden für Abgabetiere Beiträge eingehoben. Im Idealfall richten sich diese Gebühren nach den tierärztlichen Leistungen. Im Tierschutzheim Krems etwa ist der Unterstützungsbeitrag für eine kastrierte, geimpfte und entwurmte Hündin mit 205 € festgelegt. Das ist nicht viel, denn damit ist noch nicht einmal die Kastration bezahlt. Für Gnadenbrottiere wird nur um eine freiwillige Spende gebeten, bei Rassetieren dafür etwas mehr verlangt. Vorsicht bei Tierheimen, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes mit teuren Rassewelpen Handel betreiben und dementsprechend hohe Gebühren verlangen! Solche gibt es leider vereinzelt auch.
Unterschiedlich sind auch Beratung und Engagement der verschiedenen Heime. Nicht überall wird die gleiche Leistung angeboten, und nicht überall arbeitet wirklich qualifiziertes Personal. In modernen Tierheimen spielen Sozialisierungs- und Therapieprogramme eine große Rolle. Das ist besonders für die Hunde wichtig und steigert die Vermittlungschancen.
Beratung wichtig
In einem engagierten Tierheim steht die Beratung der Interessenten an vorderster Stelle. Auch wenn manch einer sich ein bisserl „verhört" fühlt, so dienen diese Gespräche in erster Linie dem Wohl des Tieres. Denn niemand kennt die Heimhunde besser als sein Betreuer, und der kann auch beurteilen, ob ein Hund zu einem Interessenten und dessen Umfeld passt oder nicht. Finden Hund und Interessent schließlich zueinander, wird ein Verpflichtungsformular ausgefüllt, in dem der Übernehmer eines Tieres verspricht, sich an die im Vertrag aufgelisteten Punkte zu halten (tierärztliche Betreuung, ordentliche Haltung, etc.). Gute Tierheime bieten zusätzlich eine vierzehntägige Frist zur Gratisbehandlung bei plötzlich auftretenden Gesundheitsproblemen an. So viel Leistung für wenig Geld (Gesundheitscheck, Impfung, Entwurmung, Kastration) gibt es wohl kaum woanders als in einem guten Tierheim!
Das ist zu bedenken!
In Tierheimen warten unterschiedlichste Hunde auf einen zweiten Start. Vom problemlosen Ersthund bis zum anspruchsvollen Kennerhund, von der abenteuerlichen Promenadenmischung bis zum lupenreinen Rasselumpi, vom Hundebaby bis zum greisen Methusalem, sie alle sind Teil einer bunten Sammlung an Tierschicksalen. Über manche gibt es eine geschriebene Geschichte im Karteiblatt, bei manchen, den ausgesetzten, nur Vermutungen. Sich für einen Tierheimhund zu entscheiden ist immer eine gute Sache. Über einige Dinge muss Mann/Frau sich jedoch im Klaren sein:
1. Es kann Probleme in der Eingewöhnungszeit bei erwachsenen Tieren geben. Erwarten Sie also nicht vom ersten Tag an überschwängliche Dankbarkeit. Der Hund weiß ja noch nicht, dass Sie ihm den Hundehimmel auf Erden schenken wollen.
2. Überfordern Sie den Hund nicht. Er hat ohnedies Stress, den erneuten Platzwechsel zu verarbeiten. Vermeiden Sie Situationen, in denen das Tier sich bedrängt fühlen könnte. Gewöhnen Sie ihn langsam an sein neues Lebensumfeld. Geben Sie ihm viel, viel Zeit!
3. Machen Sie nicht den Fehler, dem Hund alles zu erlauben, weil er „ja so arm gewesen ist". Konsequenz und Leitlinien geben einem Hund die Sicherheit, die er für ein normales Hundeleben braucht. Am besten möglichst schnell eine gute Hundeschule besuchen.
4. Sind Sie unsicher, überschlafen Sie die anstehende Entscheidung noch einmal. In vielen Tierheimen besteht die Möglichkeit, ein Tier über einen längeren Zeitraum erst kennenzulernen. Ausprobieren, ob es „funktioniert", ist unfair und schadet dem Hund nur. Eine Vergabe auf Probe kann deshalb nur in Ausnahmefällen gutgeheißen werden.
Das Leben ist kein Rex-Film
Vielleicht sind Sie ja gerade auf der Suche nach vierbeinigem Familienzuwachs. Und vielleicht wartet gerade der Richtige in einem der vielen Tierschutzheime. Lassen Sie sich vom ersten Eindruck wild bellender oder springender Hunde nicht gleich abschrecken. In Tierheimen geht es oft laut zu. Viele Heime sind noch nach dem alten System der Einzelkäfighaltung gebaut und nicht gerade hundegerecht. Doch einmal aus seinem Zwinger herausgeholt, präsentieren sich die meisten Hunde gleich ganz anders. Führen Sie den Hund erst einmal spazieren, wenn das möglich ist. So hat er Gelegenheit, Sie ein bisschen kennenzulernen. Und bitte, erwarten Sie in so kurzer Zeit nicht zu viel von ihrer vierbeinigen Bekanntschaft. Das Leben ist kein Kommissar Rex-Film. Und der Hund, der da vor ihnen sitzt, kein strahlender Film-Rex, der sofort weiß, dass es jetzt um die Wurst, sprich sein weiteres Hundeleben, geht. Die Realität ist nüchterner. Der Hund ist vielleicht nervös, unsicher und hat viel nachzuholen. Und dazu braucht er viel Zeit. Einem erwachsenen Tierheimhund eine Chance geben heißt also in erster Linie Zeit geben! Dann lässt auch das Happy End nicht lange auf sich warten.
>>> WUFF – INFORMATION
Vorurteile bei Tierheimhunden
Im Folgenden die häufigsten Vorurteile bei Tierheimhunden.
Vorurteil Nr. 1: Tierheimhunde sind gestört.
Die Mehrheit der Hunde ist unbefangen, viele noch unerzogen. Natürlich gibt’s auch Problemfälle, doch nicht der Aufenthalt im Tierheim ist schuld daran, sondern der beim Vorbesitzer. Und für manche Hunde ist das Tierheim sogar die erste Chance auf ein normales Hundeleben.
Vorurteil Nr. 2: Tierheimhunde sind krank.
Ein seriöses Tierheim vergibt Hunde nur geimpft und entwurmt. Meist hat der neue Besitzer sogar eine Nachbetreuungsfrist von etwa zwei Wochen beim Tierarzt, falls Probleme auftreten. Das Risiko, einen kranken Hund zu erwerben, ist beim Kauf in einer Tierhandlung oder bei einem Massenzüchter um ein Vielfaches höher.
Vorurteil Nr. 3: Erwachsene Hunde lernen nichts mehr.
Ein Tier kann, ebenso wie wir Menschen, in jeder Lebensphase dazulernen. Voraussetzung ist allerdings ein guter Lehrer. So auch beim Hund. Auch ein fünfjähriger Vierbeiner kann zum Vorzugsschüler werden, so sein zweibeiniger Betreuer über Wissen und Geduld verfügt.