"Unsichtbarer Zaun" heißt das Zauberwort, das unfolgsame Hunde in den USA lammfromm machen soll. Es braucht laut Werbebroschüre weder eine massive Mauer noch einen unschönen Stacheldraht, um vorwitzige Vierbeiner auf dem Gartengrundstück zu halten. Zur Ausstattung gehören ein dünner Draht, der an der Grundstücksgrenze unter der Erde verlegt wird, und ein kleiner Sender am Halsband, der je nach Gutdünken des Besitzers „harmlose Strafreize", sprich Stromstöße, auslöst. Manche Anbieter schalten ein kurzes Piepsgeräusch zwischen unerwünschter Handlung und Strafreiz, um das Elektroband sogar als tierfreundlich zu tarnen.
Wird auch bei uns verwendet
Doch nicht nur in den USA greifen bequeme Tierhalter zu solch bedenklichen Methoden. Per Zufall gelangte ein solches Band, dessen Verwendung im übrigen seit Anfang dieses Jahres in ganz Österreich verboten ist, in die Hände des Tierschutzheimes Krems. Ein herrenlos aufgegriffener Deutscher Wachtelhund trug ein zerschlissenes braunes Lederband mit einem verdächtig wirkenden kleinen Kästchen. Als seine Besitzer aus der näheren Umgebung den zweijährigen Rüden abholten und auf das seltsame Band angesprochen wurden, bestritten sie erst, dass es sich um ein sog. Elektroschockband handeln würde. Das Tierschutzheim behielt daraufhin das Dressurband zurück und legte es Experten zur Begutachtung vor. Das Ergebnis: Zweifelsohne war das Band dazu hergestellt, elektrische Stromstöße an den Hund auszuteilen. Der Hundehalter verwendete es, weil er sein großes Grundstück (und auch keinen Teil davon) nicht ausbruchsicher einzäunen wollte und bereits mehrere seiner Hunde von Jägern erschossen worden waren.
Amtstierarzt findet Strom bei Hunden okay
Mittlerweile liegt das Band beim zuständigen Bearbeiter in der NÖ Landesregierung und hat zu einer regen Diskussion geführt. Denn während der verantwortliche Abteilungsleiter und Tierrechtsexperte Mag. Hermann Gsandtner vom Veterinäramt der Stadt Wien (MA 60) das Halsband und seinen Verwendungszweck eindeutig als gesetzeswidrig einstuft, sah der zuständige Amtstierarzt des Bezirkes Krems, Dr. Martin Wittmann, bei einer Anfrage der Krone-Tierecke in der Verwendung von Elektroschockhalsbändern keinen Gesetzesverstoß und hatte generell auch persönlich nichts an solchen Methoden auszusetzen. Eine Ansicht, die der klaren tierschützerischen Linie der österreichischen Tierärzteschaft vehement widerspricht. Die Causa landete also bei der niederösterreichischen Landesregierung, wo sich die zuständigen Sachverständigen letztendlich der Ansicht von Mag. Hermann Gsandtner vollinhaltlich anschlossen.
Stacheln, Strom und Chemie sind verboten
Hintergrund der ganzen Debatte ist eine Gesetzesänderung, und zwar die Vereinbarung der Landeshauptleute gemäß Artikel 15a B-VG zur Verbesserung des Tierschutzes im allgemeinen und im besonderen im außerlandwirtschaftlichen Bereich, die am 18. 1. 2001 in Österreich in Kraft getreten ist. Dies bedeutet nach Auskunft von Mag. Hermann Gsandtner „dass die Länder nunmehr innerhalb von zwei Jahren die Bestimmungen der Vereinbarung in ihre Landesgesetze aufnehmen müssen. Im Art. 3 der Vereinbarung werden einige besonders schwerwiegende Formen der Tierquälerei sogar taxativ aufgezählt, darunter unter dem Buchstaben q die Verwendung von Stachelhalsbändern sowie elektrisierenden oder chemischen Dressurgeräten. Da wie ausgeführt die Umsetzung bis zu zwei Jahre in Anspruch nehmen kann, verpflichteten sich die Vertragsparteien, d.h. die Landeshauptleute, im Artikel 6, Abs. 6 der Vereinbarung, bis zum Inkrafttreten der Rechtsvorschriften die Bezirksverwaltungsbehörden darauf hinzuweisen, dass die im Artikel 3 enthaltenen besonderen Tatbestände der Tierquälerei von dem in allen geltenden Landesgesetzen enthaltenen generellen Verbot der Tierquälerei erfasst sind. Daraus ergibt sich, dass bereits jetzt in allen neun Bundesländern die Verwendung von elektrisierenden Dressurgeräten als verboten anzusehen ist, selbst wenn dies nicht ausdrücklich in den Landestierschutzgesetzen Erwähnung findet."
Permanenter Stress für den Hund
Vom Verbot sind laut Mag. Gsandtner nicht nur jene Elektrobänder erfasst, die wie Teletaktgeräte eingesetzt werden (also etwa zur Bestrafung bei Nichtausführung eines Befehles), sondern auch jene, die sozusagen als „unsichtbarer" Zaun im Einsatz sind. Der Tierrechtsexperte dazu: „Es handelt sich dabei eindeutig gleichfalls um ein verbotenes Dressurgerät. Das Argument, ein Weidezaun würde genauso funktionieren und sei trotzdem nicht verboten, ist leicht ad absurdum zu führen. Ein Weidezaun setzt eine optische Barriere, ist also für das Tier erkennbar und meidbar. Oft genügt beim Vieh sogar eine einmalige Erfahrung, um diesem fernzubleiben. Eine unsichtbare Grenze dagegen ist selbst für ein so intelligentes Lebewesen wie den Menschen nicht so exakt einzuprägen, um ständige schmerzvolle Erfahrungen zu vermeiden. Umso weniger ist ein Hund dazu imstande. Er lebt so in permanentem Stress. Dazu kommt, dass wie bei jedem elektrischen Halsband die Stärke des Stromstoßes von vielen Faktoren abhängig ist, etwa von Witterung, Fellbeschaffenheit und Bemuskelung des Tieres. Die Verwendung eines solchen Dressurbandes zur Erreichung des Zweckes, den Hund auf dem Grundstück zu halten, ist daher als nicht adäquat anzusehen, wenn ein Zaun denselben Zweck erfüllt. Für wen ein Zaun zu viel Aufwand bedeutet, der sollte sich auch keinen Hund anschaffen."
Dass die 15a Vereinbarung mit 18. 1. 2001 in Kraft getreten ist und seit diesem Stichtag die zweijährige Übergangsfrist zur Übernahme der Bestimmungen in die einzelnen Landestierschutzgesetze begonnen hat, ist leider bei Behörden, Exekutivorganen und Tierärzten noch nicht ausreichend publik gemacht worden. Aus diesem Grund beschäftigt sich WUFF in den nächsten Ausgaben mit den Veränderungen durch die 15a Verordnung. Lesen Sie dazu in der nächsten Ausgabe über das Kupierverbot in Österreich.